Donnerstag, 25. Mai 2017

Ich kenne den Harz und ich mag ihn

Star-Trompeter David Staff über sein Konzert in Scharzfeld und über Gewissheiten

Seit Jahren ist der englische Trompeter David Staff Mitglied im Festspielorchester Göttingen. Im Rahmen der Händel Festspiele spielt er am 23. Mai mit Ryoko Morooka in der St. Thomas-Kirche in Scharzfeld. Im Interview spricht er über seine Zuneigung zu Pilzen aus dem Harz und zum Instrumentenbauen.

Mr Staff, Sie gelten als vielseitiger Mensch. Aber was sind Sie zuerst? Trompeter, Trompetenlehrer oder Trompetenbauer?

Das ist eine wichtige Frage. Momentan verbringe ich sehr viel Zeit auf der Bühne. Ich habe aber vor 10 Jahren angefangen, Trompeten zu bauen und das gefällt mir immer mehr. Also habe ich den Trompetenunterricht eingestellt.

Wie ist die Beziehung zwischen dem Trompeter David Staff und dem Trompetenbauer Staff?

Als ich anfing, Trompeten selbst herzustellen, war dies ein kompletter Wechsel der Perspektive. Ich habe die technischen Bedingungen kennengelernt. Mittlerweile habe ich es ausbalanciert und werde immer besser und besser. So kann ich das beste Instrument für mich bauen. Erstaunlicherweise bin ich einer der wenigen Trompeter, die ihr Instrument selbst bauen, obwohl dies in England früher durchaus üblich war.

Was unterscheidet eine Staff-Trompete von anderen Trompeten?

Das gute Stück hat er selbst gebaut.
Foto: tok
Weil ich zuerst Musiker bin, ,weiß ich, welche Anforderungen ein Instrument erfüllen. So sind die beide Tätigkeiten mehr oder weniger zu einer geworden. Ich sehe mich als Teil einer langen Tradition und ich verzichte weitestgehend auf moderne Technik. Mein Bestreben ist es, Instrumente entsprechend ihrer Zeit zu bauen, als Barocktrompeten mit der Technik des Barocks. Aber das geht nicht immer.

Wurden alle Trompeten, die Sie spielen, auch von ihnen hergestellt?

Nein, aber ich bemühe mich, authentische, zeitgenössische Instrumente zur Entstehungszeit der Komposition zu spielen.

Das Motto der diesjährigen Festspiele lautet „Glauben und Zweifel“. Mr. Staff, wo sind ihre Gewissheiten?

Zu meinen Gewissheiten gehört die Musik. Aber die andere Gewissheit ist, dass man etwas tun muss für die Gemeinschaft. Seitdem ich vor 2 Jahren eine schwere Krebserkrankung überwunden habe, engagiere ich mich für die Krebsforschung. Erst im April war ich auf einem sechstägigen Wohltätigkeitslauf. Wir sind jeden Tag die Marathonstrecke gewandert, um Geld zu sammeln. Es war anstrengend, aber ein Erfolg.
Ein Gewissheit ist auch, dass der Brexit ein Fehler ist. Großbritannien gehört zu Europa.

Am 23. Mai spielen Sie als weitgereister Musiker in Scharzfeld in einem kleinen Dorf in einer kleiner Kirche. Mögen Sie solche Auftrittsorte?

Doch, sehr, auch wenn sie von der Akustik her eine große Herausforderung sind. Eine Trompete braucht Platz, um sich zu entfalten. Den gibt es in solchen Kirchen selten.
Wir haben schon dreimal im Harz gespielt, in Hahnenklee in der Stabkirche. Die ist mit ihrem vielen Holz besonders schwer zu bespielen.

Sie kennen also den Harz?

Ja, ich kenne ihn und ich mag ihn. Im letzten Jahr hatten wir eine kleine Harz-Tournee mit drei Auftritten. Zwischendurch sind wir viel gewandert und ich habe Pilze gesammelt. Ich liebe Pilze, insbesondere Steinpilze und Pfifferlinge.

Wie ist es zu der Zusammenarbeit mit Frau Morooka gekommen?

Ich habe Ryoko auf einer Japan-Tournee kennengelernt. Sie hat damals als Dolmetscherin gearbeitet. Das ist fast 40 Jahre her. Später haben wir uns dann als Musiker wiedergetroffen und beschlossen, gemeinsame Programme zu erarbeiten. Die Arbeit mit ihr ist so kreativ, weil wir auf einer gemeinsamem Basis unterschiedliche Vorstellungen haben. So meint Ryoko, dass meine Ideen manchmal zu verrückt seien. Aber mittlerweile haben wir viel Spaß bei der Arbeit.

Mr. Staff, ist es ein Vergnügen oder eine Herausforderung, Mitglied des Festspielorchester Göttingen zu sein?

Es ist ein riesiges Vergnügen. Das Festspielorchester ist ein Ensemble von Weltklasse. In diesem Orchester sind viele unterschiedliche Charaktere versammelt, die ihre Vorstellung von Musik umsetzen möchten. Damit ist es zum Teil auch eine Herausforderung.
Aber neben der gemeinsamen Arbeit sind wir auch sehr gute Freunde geworden. S0 unternehmen wir außerhalb der Auftritte viele gemeinsame Dinge.

Was erwartet das Publikum beim Konzert am 23. Mai?

Ich denke einige Überraschungen. So werden wir einige Stücke spielen, die gar nicht für die Zusammensetzung Trompete und Orgel geschrieben worden. Natürlich gibt es auch Händel und zwar das Concerto in D-Dur und das Concerto in g-Moll.




Händel-Festspiele #1: Die Website
Händel-Festspiele #2: Das Konzert in der Kritik

David Staff #1: Die offizielle Website
David Staff #2: Das Interview zum Nachhören


Montag, 15. Mai 2017

Das würde lächerlich wirken

Ein Interview über das Schreiben von Büchern und das Älter werden

Sky du Mont gehört zu Deutschlands bekanntesten und beliebtesten Schauspielern. Am Samstag hat er im Kloster Walkenried aus seinem aktuellen Buch „Steh ich jetzt unter Denkmalschutz“ gelesen. Vorab sprach ich mit ihm über das Alter und das Schreiben von Büchern.

Herr du Mont, worin besteht für Sie der Reiz einer Lesung?

Im Live-Erlebnis, im direkten Kontakt mit dem Publikum. Ich schauspieler nicht mehr, nicht im Theater und nicht im Film, aber so kann ich die Reaktionen des Publikums mitbekommen. Wenn ich mit meinen eigenen Büchern lese, ist das umso schöner. Ich schreibe ein Buch, mach mir Gedanken über Pointen und wenn das Publikum später lacht, dann stimmt es. Insofern ist dort der Reiz.

Was motiviert Sie zum Schreiben?

Ich schreibe gern und ich schreibe schon sehr lange, ich habe schon als junger Mann angefangen. Beim Schreiben ist man allein und ich bin gern allein. Beim Schreiben kann ich einen eigenen Kosmos kreieren, ich kann von Menschen erzählen und ich kann von Reaktionen erzählen. So schaffe ich meine eigene Welt und das hat mir schon immer Spaß gemacht.

Zumindest Sky du Mont war wieder da.
Foto: Kügler 
Wann kehrt Christian von Landsberg zurück?

Das sollte mal eine ganze Reihe werden und zwei Landsberg sind auch verfilmt worden. Aber ishc schreibe keine Krimis mehr weil Krimis mich langweilen. Krimis kommen ständig im Fernsehen und deswegen finde ich das nicht mehr so wahnsinnig spannend.

Sie sagten neulich, dass es zum Älter werden keine Alternative gibt. Aber wie soll man das Älter werden gestalten?

Man sollte es als einen völlig natürlichen Prozess betrachten. Wir alle wollen nicht jung sterben und doch nicht älter werden, das geht nicht.

Ich genieße jeden Tag noch mehr als früher. Ich bin froh, dass ich keine 30 mehr. Da hatte ich kein Geld, keine Arbeit. Da habe ich gekämpft und das war furchtbar. Ich genieße schon mein jetziges Alter.

Alter kann man genießen wenn man gesund ist. Was tun Sie um gesund zu bleiben?

Nicht viel, ich habe supergute Gene. Mein Vater ist mit 96 Jahren gestorben, meine Mutter ist 96 und geistig noch völlig hell. Ich ernähre mich vernünftig, mache relativ wenig Sport, aber ich nehme immer die Treppen und nicht den Fahrstuhl und ich rauche nicht und ich trinke nicht. Also, ich lebe schon gesund.

Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?

Keine, in dem Alter hat man keine Ziele mehr. Das ist nicht depressiv, sonder man denkt sich : Genieße den jetzigen Moment. Ich habe früher immer vorausgeplant und überlegt, was mache ich in 10 Jahren. Wie kann ich vorsorgen? Habe ich genug Geld, um diese oder jenes zu verwirklichen? Das tue ich nicht mehr, weil ich weiß, dass es sowieso anders kommt als erwartet.

Wann machen Sie ihre angekündigte Sahara-Tour?

Das hat leider nicht geklappt und das sind Dinge, die funktionieren, wenn jung ist. Jetzt ist es nicht zu spät, aber man sieht die Dinge anders. Ich habe das ja in meinem letzten Buch angerissen. Wenn man älter wird, dann denkt man an die Gefahren, die man mit 18 nicht sieht.

Um dieses Buch geht es.
Foto: Verlag
Wir sind eine Gesellschaft, die den demographischen Tsunami schon hinter sich hat. Trotzdem leben wir immer noch im Jugendwahn. Welche Erklärung haben Sie dafür?

Ich war mit einer viel jüngeren Frau verheiratet und ich habe sehr junge Kinder. Mir war aber immer bewusst, dass die Gefahr besteht, dass ich versuche, zu jung zu wirken. Mich zu jung anzuziehen, also mich lächerlich zu machen.

Dann habe ich auf dem Flughafen München eine richtig alte Frau gesehen. Die saß dort mit Kopfhörern auf den Ohren und wippte zur Musik. Sie hörte anscheinend Popmusik. Es blieben sehr viele Leute stehen und haben gelacht. Man hat die alte Frau ausgelacht. Das hat etwas in mir bewegt und ich habe mich gefragt: Warum soll sie nicht Rolling Stones hören? Ist Musikgeschmack jetzt etwas, was nur für junge Leute ist? Was für eine Intoleranz ist das? Ich finde alt sein oder auch jung sein ist kein Privileg sondern ein Glücksfall. Also sollte man jedem das machen lassen, was er für richtig hält.

Blöd wäre aber, wenn ich mir eine Harley kaufen würde und eine Lederjacke mit so Fransen dran. Wenn ich dann mit einem Base Cap auf dem Kopf durch die Gegen brettern würde, das wäre lächerlich. Aber alles andere, das sollte man ruhig machen dürfen.

Welches Projekt haben Sie derzeit in der Planung?

Ich schreibe gerade an meinem achten Buch. Es wird unterhaltsam. Die Mutter des Protagonisten ist einhundert Jahre alt und will das Leben ihres 70-jährigen Sohns organisieren. Sie sucht ein Altersheim für ihn, sie reserviert ein Grab für ihn und lässt schon einmal den Grabstein anfertigen. Es wird noch viele solcher Situationen geben.

Herr du Mont, vielen Dank für das Gespräch.




Das Interview in der Soundcloud



Die Lesung im Kreuzgang