Sonntag, 27. Oktober 2013

Bleimaier: Die Amerikaner wissen viel mehr als wir ahnen

Ein Detektiv zu den Gefahren und Erkenntnissen seines Berufs

Zumindest in meiner Generation hat wohl jeder zweite Pubertierende davon geträumt, Detektiv zu werden. So 'ne coole Sau werden wie Phillip Marlowe oder so abgebrüht wie Sam Spade. Als ich vom Verlag das Angebot bekam, ein Interview mit dem Detektiv Roland Bleimaier zu führen, sagte ich spontan "Ja". Immerhin hat Roland Bleimaier seine Erfahrungen und Erlebnisse aus dreißig Jahren in der Sicherheitsbranche gerade in einem schönen Buch zusammengefasst.
Ich muss aber gestehen, dass ich unseren Telefontermin fast verpasst hatte und Bleimaier mich dann anrief und nicht ich ihn, wie igentlich vereinbart. Die erste erschreckende Erkenntnis: er wusste zuviel über mich. Das zeigte mir eindrucksvoll, wie schnell man heutzutage an personenbezogene Daten kommt.
Mittendrin nahm das Gespräch eine sehr aktuelle Wendung. Aus seiner Biografie wusste ich, dass Roland Bleimaier schon in den 80er Jahren Kontakt mit dem amerikanischen Geheimdienst hatte. Dass diese Episoden und deren Folgen dann aber solch einen breiten Raum einnehmen werden, dass ahnte ich nicht. Und dass er mit seinen Vorhersagen recht behalten würde, dass konnte ich mir damals nicht vorstellen.
Das Gespräch fand im August 2013 statt.
In einem zweiten Gespräch haben wir das Interview dann ergänzt.

Herr Bleimaier, haben Sie gut geschlafen oder haben Sie die halbe Nacht, auf der Lauer liegend, im Auto verbracht?

Ich habe gut geschlafen, ich habe ja auch ruhiges Gewissen, denn alles was ich tue, ist gerechtfertigt.
Außerdem habe das klassische Beschatten nur noch einen kleinen Teil meiner Arbeit aus. Der größte Teil ist mittlerweile die Recherche.


Roland Bleimaier hat eine fundierte
Ausbildung erhalten. Fotos: Verlag
Wenn ein Detektiv nicht mehr beschattet, wie erledigt er seine Arbeit dann?

Wie gesagt, der größte Teil ist die Recherche, vor allem im Internet. Dabei nutze ich elektronische Netzwerke, wie es jeder machen kann: Google, Facebook, Twitter. Zum anderen nutze ich spezielle Netzwerke, auf die man als Privatdetektiv Zugriff hat. Dabei habe ich Zugriff auf Datenbanken, die anderen nicht offen stehen, zum Beispiel die Umzugsdatenbank der Deutschen Post und noch einige andere Quellen wie dem Autokennzeichenmanager oderDatenbanken von Geldinsituten.
Was ich über ihren Werdegang weiß, dass habe ich Ihnen ja schon verraten. Geben Sie mir zwei Tage Zeit, dann verrate ich Ihnen auch Ihren Kontostand.

Nein, besser nicht. Aber wie wird man eigentlich Detektiv?

Detektiv ist kein geschützter Beruf, zumindest in Rheinland-Pfalz nicht. Da braucht man nur eine Gewerbeanmeldung und einen guten Fotoapparat. Natürlich ist man dann noch lange kein guter Detektiv, da wäre eine gute Ausbildung schon nötig.
Wie Sie ja in meinem Buch gelesen haben, bin ich schon seit den 80er Jahren in der Sicherheitsbranche tätig. Da habe ich mir so einiges angeeignet und vieles gelernt.

Was erfährt man beim Blättern in den Datenbanken denn so alles?

Mich haben die Enthüllungen über die Tätigkeiten der NSA nicht überrascht. Ich weiß, dass die NSA noch mehr in Deutschland rumschnüffelt, als uns bekannt ist. Nach meinen Recherchen haben die Amerikaner schon vor Jahrzehnten eine Komplettüberwachung der Bundesrepublik installiert. Ich bin mit da sicherlich sicher, weil ich schon am Beginn meiner Berufslaufsbahn Kontakt mit den amerikanischen Geheimdiensten hatte. Dabei bekommt man eine sehr genau Ahnung von Ausmass der Spionage.
Die USA wissen viel mehr über uns als wir ahnen. Ich gehe davon aus, dass es keinen Bereich in Deutschland gibt, über den die Amerikaner nicht sehr genau informiert sind, Wirtschaft und Technik mit eingeschlossen.

Da fahren Sie aber schwere Geschütze auf. Damit verstossen die Amerikaner aber gegen deutsches und gegen internationales Recht.

Das interessiert die Amerikaner doch nicht. Wir sind wir und alles, was unseren Interessen dient, ist gerechtfertigt, so denken die Amerikaner. Außerdem leben wir in Deutschland doch immer noch unter Besatzungsstatut. Ich glaube auch nicht, dass die deutschen Behörden komplett über die Aktivitäten der Amerikaner in Deutschland informiert sind.

Behaupten kann man viel. Können Sie das auch belegen?

Wenn man es erfahren will, dann kann man das ganz einfach. Bereits 1955 wurde durch Adenauer vertraglich geregelt, dass die Alliierten, uneingeschränkt und das gesamte Deutschland einschließlich unserer Volksvertreter überwachen dürfen. In den 60er unter der großen Koalition CDU und SPD mit Kissinger und Brand wurde sogar das Grundgesetz zugunsten der Geheimdienste geändert. Dies besagt auch ausdrücklich, dass alle Geheimaktionen im Post und Fernmeldewesen, nicht strafrechtlich verfolgt werden können. Als Frau Merkel zu diesem Thema sagte: Auf deutschem Boden herrscht deutsches Recht, hatte sie noch nicht einmal gelogen.

Für mich ist es immer wieder verwunderlich wie wenig Wissen zu diesem Thema, selbst solche Redakteure wie Stefan Aust haben. Er nennt ein Geheimdienstbündnis Five Eyes aus Staaten die sich nicht gegenseitig bespitzeln. Warum um Gottesnamen sollen sie sich selbst bespitzeln? Fragen Sie sich doch mal wer das Mutterland dieser fünf ist? England natürlich und die Engländer haben in allen dieser fünf Länder die Geheimdienste selbst ausgebildet und verknüpft, einschließlich der CIA, NSA und dem Israelischen Mossad.

Wieso bekommen die Deutschen nichts mit? 

Das stimmt so nicht. Natürlich weiß der BND, Verfassungsschutz und der MAD Bescheid. Diese Vereine wurde ja von der CIA und dem MI6 gegründet, was gleichzeitig bedeutet, dass der BND, Verfassungsschutz und der MAD, das sind die CIA und der MI 6.

Warum sind die Engländer die Mutter aller Geheimdienste? 

Ganz einfach, die Geschichte der Geheimdienste ist dort viel länger. Die Engländer hatten bereits im 15. Jahrhundert den ersten echten Geheimdienst unter Francis Walsingham gegründet. Er  vereitelte mehrere Attentate auf Elisabeth I. und zu seinen  Erfolgen gehören die Aufdeckung der Throckmorton-Verschwörung und der Babington-Verschwörung. Letztere führte zur Enthauptung von Maria I., der Königin von Schottland, an deren Prozess er aktiv teilnahm. Vor der geplanten Invasion der spanischen Armada erhielt er umfangreiche Berichte von seinen Agenten in ausländischen Kaufmannsgemeinschaften und europäischen Höfen. 

Kehren wir doch zu einfacheren Dingen zurück. Wer sind ihre Kunden? Was sind ihre Aufträge?

Meine Kunden sind vermögende Privatleute, Unternehmen, viele aus dem Groß- und Einzelhandel, Banken und Versicherungen. Das sind Einsätze, die ich bundes- und europaweit erledige. Da istmir mein Pfälzer Dialekt manchmal im Wege, schließlich ist Hochdeutsch meist Zugangsvoraussetzung.

Naja, ich höre keinen Dialekt heraus. Aber wie sehen nun ihre Aufträge aus?

Meistens geht es um Betrug, Unterschlagung, Diebstähle verhindern und aufdecken, Beweise bei Stalking und anderen Bedrohungen sammeln sowie Betriebsspionage abwehren.

Was war ihr spektakulärster Fall?

Die Fälle in meinem Buch sind alle spektakulär. In meinem letzten Fall ging es um einen Benzindiebstahl. Der Warenwer lag bei satten 250.000 Euro. Das war in meiner bisherigen Laufbahn der höchste Betrag.
Nie vergessen werde ich den Fall der Tschechin, die einen Schweizer Millionär erpresst hat. Der Mann war verheiratet, hatte mit der jungen Frau eine Affäre. Die Tschechin wollte, dass er ihr 100.000 Schweizer Franken überweist – sonst würde sie Liebesbriefe, Fotos und eine CD mit Aufnahmen einer gemeinsamen Liebesnacht an seine Ehefrau schicken. Für den Fall bin ich extra nach Prag geflogen, mit Erfolg. Es ging um sehr viel Geld, es war gefährlich, es war interessant und es hat wirklich alles an Recherche gefordert.Ich habe die junge Damen jedenfalls ausfindig gemacht und sie in einem eindringlichen Gespräch von ihrem Vorhaben abgebracht.

Der Detektiv bekommt sie
angeblich alle. Foto: Verlag
Ist Detektiv sein eigentlich ein gefährlichen Beruf?

Ich übe ja drei Berufe aus: Kaufhausdetektiv, Privat- und Wirtschaftsdetektiv und Personenschützer. Der Kaufhausdetektiv ist der gefährlichste Beruf. Denn einkaufen muss jeder, vom Normalbürger bis hin zum Schwerkriminellen nd auch der kann mal klauen. Ich weiß ja nie, wer vor mir steht und wie der reagiert. Da ist man vor Überraschungen nie sicher.
Wen man erwischt hat, das stellt sich meist erst im Verhörraum heraus. Der Kaufhausdetektiv arbeitet oft alleine und ist unbewaffnet. Hat man mehrere Ladendiebe oder eine ganze Bande gestellt, kann die Situation sehr schnell eskalieren. In den letzten 15 Jahren wurden mehrere Detektivkollegen schwer verletzt und zwei bei ihren Einsätzen getötet


Sie berichten  von einer Afrikanerin, die beim Klauen erwischt wurde und Sie anschließend mit Voodoo verzaubern wollte und nackt tanzte. Was denkt man da?

Im ersten Moment findet man das als Mann ja ganz angenehm, ist ja klar. Aber als Detektiv fragt man sich: Warum reagiert ein Mensch so? Auch wenn ich einen Schreck bekam, Angst, verhext zu werden, hatte ich nicht.

Wie schützen sich eigentlich ihre Nachbarn vor Ihren Nachforschungen?

Ich glaube, die wissen nicht einmal, was ich mache.

Ihr Motto ist "Bleimaier kriegt sie alle!" Stimmt das auch wirklich?

Bisher schon.

Ich danke Ihnen für das Gespräch.


Das Buch

Der Autor und sein xing-Profil

Sonntag, 13. Oktober 2013

Speit: Ein Verbot würde der NPD den finanziellen Boden entziehen

Andreas Speit über ein Verbotsverfahren und die Versäumnisse am rechten Rand

Es wird wieder über ein Verbot der NPD diskutiert. Deswegen möchte ich an dieser Stelle noch einmal mein Interview mit Andreas Speit veröffentlichen, weil er das wesentliche Argument liefert.
Seit Jahren recherchiert Andreas Speit zusammen mit Andrea Röpke am rechten Rand der Bundesrepublik, mitunter unter Lebensgefahr. Ihre Bücher sind durchweg eine aktuelle Beschreibung der rechten Szene, die auch mit überholten Bilder aufräumen. Das Autorenduo hat schon 2008 den Weg der Rechten in die Mitte der Gesellschaft beschrieben, lange bevor die Politologen ähnliches konstatierten. Wie Recht damithaben, zeigte unter anderem die ÜB-Wahl in Goslar, bei der fast 7 Prozent für den NPD-Kandidaten Kallweit stimmten.
Den Kollegen an das Telefon zu bekommen, war gar nicht so einfach. Als es dann klappte, wurde unser Gespräch ständig unterbrochen. Das lag aber mehr an der schlechten Verbindung. Somit hatte dieses Interview den Hauch eines konspirativen Treffens. Das Interview fand im Dezember 2011 statt.

Herr Speit, welche Folgen hätte ein Verbot der NPD für die rechtsextreme Szene?

Es wäre in erster Linie ein Signal der Demokraten in die Mitte der Gesellschaft: Bis hierhin und nicht weiter. Aber darüber hinaus würde es die Szene finanziell schwer treffen. Mit einem Verbot würde es natürlich keine ERstattung der WAhlkampfkosten geben. Sie müssen bedenken, dass sich die NPD zu 48 Prozent aus öffentlichen Mitteln finanziert. Dabei nutzt sie die Gesetze aus, denn es gilt ein 50-Prozent-Grenze.

Mit dem Gesetz statt gegen das Gesetz. Hat sich die Strategie der Neonazis geändert?

Was sich geändert hat, das ist erst einmal das Erscheinungsbild. Die Rechtsextremen unterlaufen schon seit langer Zeit die Klischees. Wir haben es nicht mehr mit gröhlenden und berunkenen Skinheads zu tun. Die führenden Köpfe sind gebildet und zunehmend in der Gesellschaft verankert. Dies spiegelt sich im neuen Bundesvorstand der NPD wider. Auch die Frauen nehmen eine aktive Rolle in der sogenannten Bewegung ein. Ricarda Riefling ist ein Beispiel für diese Strategie und sie wurde bewußt in den neuen Vorstand gehoben.
 Zudem verfolgt die NPD nun die Strategie, sich langfristig kommunal zu verankern. Ein Teil ist das ehrenamtliche Engagement in Vereinen und sozialen Initiativen. Da sagt sich vielleicht mancher Wähler Ach, die sind ja nett, die kann ich wählen". Das sind dann die Nazis in Nadeltreifen, die dennoch gewaltbereit bleiben.

Schon 2008 warnten Speit und Röpke vor
den Nazis in Nadelstreifen. Foto: Verlag
Was ist an dieser Strategie so gefährlich?

Junge Frauen aus dem Spektrum der Rechtsextremen, also zum Beispiel vom Ring Nationaler Frauen gehen gezielt in erzieherische Berufe.Damit erfüllen sie einerseits das eigenen Rollenbild, aber andererseits nehmen sie natürlich auch Einfluss auf die Kinder und deren Eltern. So können sie mit staatlicher Unterstützung ihre eigenen Normen vorleben und Werbung betreiben.
Aber in diesem Zusammenhang: Beate war bestimmt kein unschuldiges Terrorliebchen. Sie hat 13 Jahre lang aktiv im Untergrund gelebt

Was kann dagegen tun?

Wir brauchen eine Kultur der Widerworte. Wenn im Verein oder in der Öffentlichkeit Rechtsextreme ihre Ideologien verbreiten, dann muss man widersprechen. Wenn sich einer traut, dann trauen sich auch andere. Die Erfahrung zeigt, das Nazis sich bestätigt und bekräftigt fühlen, wenn man ihnen die verbale Offensive überlässt.

Sind Sie überrascht über all die Versäumnisse der Polizei und dere Verfassungsschützer, die im Zusammenhang mit der Zwickauer Terrozelle an den Tag gekommen sind?

Nein, ich bin eher überrascht über all die Überraschungen,die mancher Politiker angesichts der Enthüllungen an den Tag legt. Spätestens seit 1989 hat sich am rchten Rand unter dem Stichwort "Bewaffneter Widerstand" einiges zusammengebraut. Denken Sie nur an die diversen Waffenfunde in den letzten Jahren. Da muss man eingestehen, dass nun am rechten Rand sich etwas verdichtet hat, was schon lange vorhanden war.
Z war hat das Internet hat seit Anfang der 90er Jahre den Austausch von Tipps für das Leben im Untergrund vereinfacht. Aber das Problem des Rechtsterrorismus gibt es doch schon seit den 70er Jahren. Ich nenne da nur die Wehrsportgruppe Hoffmann als ein Beispiel.

Die Polizei hält die Szene in Südniedersachsen über überschaubar. Teilen Sie diese Meinung?

Andrea Röpke und ich, wir beobachten die Vorkommnisse in Südniedersachsen schon seit geraumer Zeit, weil es für die Szene eine wichtige Region ist. Die Kameradschaft ist sehr stabil und nicht mehr von einzelnen Personen abhängig und zudem ist die Szene gut vernetzt. Die Strukturen bestehen seit Jahren, sind gefestigt und können den Wegfall einzelner Mitglieder verkraften. Ich möchte zudem daran erinnern, das vor zwei Jahren auch Waffen bei Neonazis im Südharz gefunden wurden.
Trotz aller persönlichen Streitigkeiten gibt es immer wieder gemeinsame Aktionen. Wenn es um die große Sache geht, dann ist man sich wohl einig.

Herr Speit, ich danke ihnen für das Gespräch.


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