Donnerstag, 16. Mai 2013

Gade: Schlechtes Theater mit hoher Professionalität

Der TfN-Intendant zu den Reizen des Straßentheaters

Im Sommer 2013 ist das Theater für Niedersachen (TfN) auf Landtour. Gespielt wird "Shakespeares sämtliche Werke, leicht gekürzt" auf den Plätzen, zwar vom Theaterwagen, aber auch mitten drin im Publikum.

Das hat mich natürlich interessiert und als die TfN-Pressesprecherin von einem Interiew mit dem Intendanten sprach, habe ich gleich gesagt "ja, das will ich". Die Terminvereinbarung war innerhalb kürzester Zeit abgewickelt.Wir haben uns eine Stunde vor der Premiere auf dem Marktplatz in Hildesheim getroffen. Der Platz füllte sich langsam und Jörg Gade war erstaunlich ruhig.
Es folgten 12 Minuten 25 Sekunden konzentrierte Arbeit durch das Konzept, die Geschichte des Theaters und die Schwierigkeiten mit Shakespeare.
Erstaunt war ich nur, als er zugab, dass er freiwillig in St. Andreasberg wohnt. Na gut, wer so etwas macht, der läßt auch Shakespeare auf einem Lkw spielen.

Jörg Gade schätzt den direkten
Kontakt zum Publikum. Fotos: Kügler
Raus aus dem Haus und unter die Menschen. Was hat sie zu diesem Konzept gebracht, Herr Gade?
Ich fand das Konzept eines "back to the roots" sehr interessant.  Denn Theater hat ja genau so angefangen, denken sie an den ersten griechischen Tragödienautor Thespis, der mit seinem Wandertheater und dem Theaterkarren vor 2500 Jahren in Griechenland unterwegs war.

Können Sie jetzt singen "Theatre is coming home"?
Der Ausgangspunkt war unser Theaterwagen, eine Perle, die unser Theater seit 2009 besitzt. In den letzten Jahren haben wir den Wagen zu wenig genutzt und das hat micht schon ein wenig geärgert. Deswegen habe ich gesagt, dass ich mal ein Stück machen möchte, dass nur für diesen Wagen konzipiert ist. Das Besondere an unserem Wagen ist es, das wir mit wenigen Handgriffen aus dem Lkw eine komplette Bühne mit Licht, Vorhang und allem drum und dran zaubern können.
Der besondere Reiz ist es, einmal überlegen, was wir als Theaterleute machen könnten, wenn wir nicht mehr diese Strukturen, diesen ganzen Apparat hätten. Müssten wir dann alle kellnern oder könnten wir mit unsere Kunst noch etwas machen. Daher kam die Idee und die Lust, rauszugehen auf die Marktplätze und bei freiem Eintritt, unplugged und mit möglichst wenig technischen Aufwand zu spielen. Hinterher lassen wir den Hut rumgehen und schauen, was dabei rumkommt.

Lieben Sie das Risiko?
Ja, das Ganze ist wetterabhängig und wenn das Gewitter kommt, dann unterbrechen wir, schon aus Sicherheitsgründen, und schauen, wie schnell es vorbeigeht. Da müssen wir uns spontan entscheiden. Dass ist der Vorteil, wenn man bei freiem Eintritt spielt: Man muss kein Geld zurückzahlen. Sicherlich werden wir die Kosten  nicht einspielen.
Uns ist auch ein anderer Aspekt wichtig. Als Landesbühne wollen wir für ganz Niedersachsen dasein. Deswegen lautete das Kriterium bei  der Auswahl der Orte 'Wir spielen dort, wo wir sonst nicht spielen'. Nur bei der Premiere wollten wir sichergehen, dass wir nah an Zuhause sind und schnell Dinge besorgen können, die vielleicht noch fehlen.

Wieviel Zukunft steckt in diesem 'back to the roots'?
Das ist jetzt erst mal ein einmaliges Projekt. Wenn es gut läuft, dann können wir es wiederholen oder neu aufnehmen. Wir planen aber nicht, zukünftige auf diese Art Theater zu machen. Das würde nicht klappen.
Aber wie gesagt: da ist von uns allen, von den Machern, eine große Lust dabei, mal wieder direkt an das Publikum heranzugehen.

Es kamen viele zur Premiere in Hildesheim,
Experten und Nicht-Experten.
Warum haben Sie sich für 'Shaespeares sämtliche Stücke, leicht gekürzt' entschieden?
Das Stück für den Theaterwagen muss Marktplatz-geeignet sein, es muss laut sein, muss deftig sein und es muss interaktiv sein, etwas, mit dem man direkt mit dem Publikum kommunizieren kann. Das hat uns dann zu 'Shakespeares sämtliche Werke' geführt. Also machen wir jetzt mit großer Lust und hoher Professionalität schlechtes Theater. Nur hier dürfen wir mal auf den Putz hauen und wir spielen mit Klischees, mit einfachen Theatermitteln und mit offenen Theaterverabredungen.

Das funktioniert nur mit Shaespeare?
Nein. Es ist schwer vergleichbar, aber vor einigen Jahren haben wir ein Stück gemacht, in dem wir ausschließlich die Regieanweisungen zu Schiller "Kabale und Liebe" auf die Bühne gebracht haben. Das war auch sehr lustig. 'Das Auge krass in einen Winkel geworfen', das muss man erst mal darstellen.
Solch ein Stück könnte man auch mit Schiller machen oder auch mit Goethes Faust. Dies Konzept geht mit allen.

Verstehe ich das Stück auch, ohne Shaespeare zu kennen?
Ja und das ist ganz wichtig. Wir können nicht davon ausgehen, dass Kenner in unserem Publikum haben, die den Timon von Athen und denPerikles auswendig herbeten können. Darauf haben die Autoren schon geachtet. So werden zum Beispiel alle 16 Komödien zu einer einzigen zusammengefasst und esd funktioniert trotzdem.
Anders formuliert: Wer Shakespeare kennt, der hat an manchen Stellen ein anderes Vergnügen als der, der Shakespeare nicht kennt. Aber Spaß haben sie beide. Die Geschichten, die dabei herauskommen, sind so abstrus, das man auch ohne Kenntnis von Shakespeare lachen kann. Wenn man einige Stücke von Shakespeare kennt, dann hat man einen zusätzlichen Spaß daran, dass man einige Sachen dechriffieren kann und weiß welche Elemente zitiert werden.

Warten auf den großen Augenblick.
Momentan ist Shaespeare auf allen Spielplänen. Gibt es ein Revival?
Nein. Es sind eher Wellenbewegungen. Mal wird er nicht so oft gespielt, mal wird er häufiger gespielt. Wobei die Komödien schwerer zu spielen, weil Humor sehr schnell veraltet. Diesen Humor zum Blühen zu bringen, dass ist schon eine besondere Kunst. Wir deutschen Theatermacher haben da das Glück, dass wir durch die Übersetzung Shakespeare auf die Sprünge helfen können. Die englischen Kollegen sind  ein wenig neidisch, da sie ihren Klassiker immer im Original spielen müssen. Shakespeare ist an einigen Stellen schwer entschlüsselbar und arbeitet mit Doppeldeutigkeiten, die man nur zur Entstehungszeit verstanden hat. In der Übersetzung kann man das ein wenig einfangen, die Engländer haben das Glück nicht.




Das Stück

Die Hildesheimer Premiere aus der Sicht des Kritiker.

Das TfN.


Samstag, 11. Mai 2013

Karasek: Ein Schnaps wäre besser gewesen

                  

Hellmuth Karasek über Vorlesende und Zuhörende, Heino-Schokolade und Kräuterschnaps.


Fragensteller sind auch Jäger und dieser Gesprächspartner fehlte mir noch auf meiner Interviewliste. Als  ich die Ankündigung bekam 'Hellmuth Karasek liest im Theater Nordhausen', da machte ich mich auf  die Fährte. Ich musste der Presseabteilung bei Rowohlt auch mehrfach auflauern, aber weil Karasek nun einmal der Kritiker mit Humor ist, darum steckte ich nicht auf.

Wie zu lesen ist, hat es ja geklaptt. Es war schön, zu merken, dass sich solch ein berühmter Mensch auch Zeit nimmt für den kleinen Lokalreporter und der auch ernst nimmt. Das Frage-Antwort-Spiel wurde schnell zu einem Gespräch. Karasek erzählt auch zwei Witze, von denen nur einer wiedergegeben ist, weil der andere nur über das gesprochene Wort funktioniert.

Herr Karasek, seit Jahren sind Sie auf Reise und lesen aus ihren Büchern. Nun lesen Sie aus ihrem Buch über ihre Erlebnisse auf Lesereisen. Welche Stufe kommt als nächstes?



Hellmuth Karasek erzählt gern auch mal
einen Witz über Dresden. Foto: Verlag
Nein, es gibt keine weitere Stufe. Aber ich erkläre auch in „Auf Reise“, warum ich mal ein Buch über Lesereisen schreiben wollte. Da ist dieses Kapitel mit meiner ersten Lesung in Emden, die damals ausfiel und dann war da noch das Rentnerpaar, das zu dieser Lesung wollte und dass ich Jahre später bei einer Lesung in Reutlingen wiedertraf.



Muss man ein Reisebuch geschrieben haben, um als kompletter Schriftsteller zu gelten?



Nein, ich denke nicht und solche Überlegungen liegen mir auch fern. Der Vorschlag kam vom Verlag und ich habe ihn freudig aufgegriffen.



Sehen Sie Lesungen als Belastung oder als Bereicherung?



Ich freue mich sehr auf den engen Kontakt mit dem Publikum. Beim Schreiben ist man ja meist allein. Wenn das Buch auf dem Markt ist, dann hat man die Kritiker im Nacken. Ich bekomme auch Leserbriefe, aber die sind selten positiv. Da steht meist drin, wo ich ein Komma vergessen habe oder ähnliches. Deswegen ist es schön, wenn ich meine Leser persönlich treffen kann.



Kann man den Graben zwischen Vorleser und Zuhörer überwinden?



Aber sicher doch. Diesem Graben gibt es ja nur, wenn ich auf der Bühne sitze. Wenn die Lesung zum Beispiel in einer Buchhandlung stattfindet, dann gibt es den Graben nicht, dann begegne ich meinem Publikum wortwörtlich auf Augenhöhe. Ich bin kein Schauspieler, ich bin auf die Reaktion im Publikum angewiesen. Ich muss mein Zuhörer sehen können, deswegen bestehe ich darauf, dass es auch im Saal hell ist.



In ihrem Buch schreiben Sie viel über den Augenkontakt. Warum?



Ja, am Blick der Zuhörer kann man die Stimmung, die Reaktionen am leichtesten erkennen, deswegen suche ich ja aktiv diesen Kontakt. Man kann auch ein wenig in die Menschen hinein schauen.
Auch der Kontakt beim Signieren nach der Lesung gehört für mich dazu, da kommen die Leute an und wir können miteinander witzeln. Anders beim Kollegen Reich-Ranicki. Der kann nicht mehr auf Lesereisen gehen, weil er nicht mehr signieren kann.



Wenn man soviel und solange unterwegs ist, erfährt man dann  etwas über die Landstriche, die man bereist?



Mir ist durch meine Lesereise wieder bewusst geworden, wie unterschiedlich die Regionen in Deutschland und ihrer Bewohner sind. So habe ich neulich in Dresden einen ganzen Abend über Dialekte und über Witzen gemacht. Dort konnte ich über Jahre den Wiederaufbau der Frauenkirche beobachten. Die kannte ich aus meiner Jugend nur als Ruine.
Bei diesem Witz-Abend in den Dresden hat mir ein Zuhörer zum Beispiel einen Witz erzählt, wie man sich die drei größten Städte in Sachsen merken kann. So  ich mal erzählen? Kommt ein Glatzköpfiger zum Friseur, der setzt ihn auf den Stuhl, 'Dresden so oder Dresden so, es Leipzig eins, Chemnitz nix.'

Schön, ich kannte bisher nur den unanständigen Witz über Dresden.
 
Ja, ich auch. Dann habe ich noch gelernt, dass es in der Gegend um Bautzen viele Ort mit Kerasek-Bezug gibt. So berichtet man mir von einem Räuberhauptmann Karasek, der wohl auch aus Böhmen ausgewandert war. Ich kannte den herren vorher nicht und als man nicht fragte, ob ich mit ihm verwandt sei, sagte ich:'Ja, in etwa so wie ich mit Adam und Eva verwandt bin'. Ach, und dann gibt es dort in der Gegend noch einen Karasek-Wein, ein Rotwein, aber der schmeckt ganz scheußlich.



Aber in ihrem Vorwort zitieren Sie doch Gottfried Benn und die Leere auf der Reise. 



Es kommt darauf an, was man sich von der Reise verspricht. Schauen Sie, Goethe hat aus seiner Italienreise sehr viel gezogen, weil er sich nichts versprochen hat. ER war leer als er gefahren ist und kam mit vielen neuen Dingen zurück.
Aber ich habe die Leere auf Reisen oft genug gelebt, wenn man nach der Lesung in einem sterilen Hotelzimmer sitzt, nicht weiß, was man machen soll und morgens beim Frühstück weiß man nicht einmal, in welcher Stadt man ist.
Ich kann mich da an ein furchtbares Erlebnis in Bad Münstereifel erinnert, dem Wohnort von Heino. Abends saß ich in einem Hotel über der Stadt und alles, was es auf dem Zimmer gab, war eine Tafel Heino-Schokolade. Aus Ratlosigkeit habe ich die Tafel in mich hineingestopft und dann hatte ich Bauchschmerzen und konnte die ganze Nacht nicht schlafen. Da wäre ein Schnaps besser gewesen. In Wolfenbüttel habe ich mal einen Jägermeister bekommen, das war sehr wohltuend.


Da könnten Sie in Nordhausen mit seinen beiden Brennereien ja Glück haben.



Was gibt es denn dort? Einen Kräuterschnaps oder einen Kümmel?



Lassen Sie sich überraschen. Haben Sie ihre Zuhörerin 'Barbara am Abhang' je wieder getroffen?



Leider nein, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf.



Vermissen Sie das Literarische Quartett?



Nein, ebenso wenig wie die SKL-Show.



Ich danke Ihnen für das Gespräch. 


Das Buch

Der Autor

Weil ich nicht so recht weiß, ob Karasek noch Kultur ist oder schon Zeitgeschichte, gibt es diesees Interview auch in meinem anderen Blog.

Donnerstag, 9. Mai 2013

Schmitt: Zaun drumherum und Licht aus

Der künftige Kanzler hat klare Vorstellungen zur Zukunft des Harz

 

Manchmal wird aus einer kleiner Mitteilung ein gutes Interview. Anfang April bekam ich Nachricht vom Rowohlt-Verlag, dass demnächst "Mein Wahlkampf" erscheint, der Autor auf Lesereise sei und es die Möglichkeit gäbe, Interviews zu führen.

Oliver Maria Schmitt ist "last Punk on stage" und der einzige Satiriker, der jemals persönlich von einem Papst vor den Kadi gezerrt wurde.  Gelegentlich wagt der Herausgeber des Satiremagazins Titanic und Ehrenvorsitzender der Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative (PARTEI) einen Ausflug in den Betrieb, der sich Politik nennt. In diesem Jahr möchte er Bundeskanzler werden. 

Den Interviewtermin zu bekommen, war dann schon etwas umständlich. Erst schickte mir die Dame vom Verlag die Kontaktdaten und die Zusicherung, dass wir den Termin selbst finden sollten. Als der künftige Kanzler und ich dann einen Termin vereinbart hatten, meldete sich die Dame vom Verlag noch einmal Im Interview und vermeldete, dass sich OMS bei mir melden werde. Das tat er dann doch nicht, als rief ich an, er zurück und im vierten oder Anlauf klappte es dann. Wir sprachen er über seine Programm, seine Chancen und seine Planungen für den Harz. Denn der Mann, der Joseph Ratziner erzürnt hatte, hatte sich gewissentlich auf das Interview vorbereitet. Das Gespräch fand im Mai 2013 statt.

Oliver Maria Schmitt ist der nächste
Bundeskanzler. Foto: Verlag
Die Niederlande haben mit ihrem neuen König auch eine neue Hymne bekommen. Steht uns ähnliches bevor, wenn Sie die Bundestagswahl gewinnen?

Natürlich gibt es dann eine neue Hymne. Sollte ich die nicht selbst singen können, dann werde ich einen Künstler casten, der besser aussieht als ich und besser singt als Helmut Kohl und Willy Brandt damals vor dem Brandenburger Tor. Das habe ich mit Dieter Bohlen bereits klar gemacht. Sollte auch das nicht klappen, dann werden wir einfach den Mitschnitt jenes denkwürdigen Ereignisses aus dem November 1989 remixen.

Aber muss zum neuen Herrscher denn unbedingt ein neues Lied kommen?

Doch, muss es und es ist auch wichtig für die Wiedertrennung. Das ist unsere wichtigste Forderung, gewissermaßen das Alleinstellungsmerkmal der PARTEI, die Wiederherstellung der deutschen Teilung, die Abtrennung der SBZ.

MIt dieser Forderung kann man in Deutschland punkten?

Doch, wirklich, vor allem in den heruntergewirtschaftete Randgebieten Westdeutschland und vor allem in den neuen Bundesländer. Dort wohnen viele, die wissen, dass der Osten seine besten Zeiten schon hinter sich hat. Für die ist die Wiedertrennung der schnellste Weg zu altem Glanzund Gloria.

Zur Zeit sind Sie mit  “Mein Wahlkampf” unterwegs auf Lesereise. Laufen Sei nicht Gefahr, im Osten verprügelt zu werden?

Diese Woche fahre ich noch nach Frankfurt an der Oder und dort werde ich sicher mit offenen Armen aufgenommen. Glauben sie mir, dort ist die Zustimmung zu unseren Programm größer als im Westen. Nach der Wahl werden wir dann sehen, wo unsere neuen Hochburgen liegen. Also,wir gesagt, unser wichtigster Punkt lautet: wir ziehen die  Mauer wieder hoch. und dann werden wir besonders in den westdeutschen Randgebieten überzeugen, wie auch im Harz.

Sie kennen die Problematik im Harz?

Ja natürlich, wir haben auch bereits einen Plan für die Zukunft des Harz ausgearbeitet.

Können Sie uns ein paar Punkte dieses Plans verraten?

Ja, kein Problem. Der Harz wird ein geschlossenes Gebiet, wir ziehen ein Zaum drumherum, tagsüber lassen wir die Touristen rein, abends müssen alle wieder raus und nachts schalten wir dann das Licht aus, um die Tiere nicht zu stören.

Herr Schmitt, durch den Wahlkampf in Frankfurt sind Sie im letzten Jahr vom Menschen zum Politiker geworden. Welche Daseinsform haben Sie gerade?

Wenn ich nicht Kanzler werde, dann werde ich  hart daran arbeiten, wieder ein Mensch zu werden. Ich werde einen Weg für den Ausstieg aus der Welt der Politik suchen, die einzige wirklich gelungene Wiedereingliederung in der Bundesrepublik schaffen und damit ein Beispiel geben für den Ausgleich zwischen Mensch und Politiker.

Aber Sie sind ja noch Politiker. Wo stehen Sie damit? Gehen Sie vorweg? Stehen Sie über den Dingen oder hintenan?

Nein, ich bin mittendrin und fest verankert in den Herzen meiner Wähler. Ich mache ja auch einen stark emotionaliserten Wahlkampf, denn ich weiß: Inhalte schwächen nur. Auch mein Claim ‘Ich brauch den Job’ ist sehr gefühlsbetont, da wird nicht rumargumentiert, sondern hart gefordert. Das ergreift die Menschen, da gehen sie mit.
Vielen wissen auch, dass es eine win-win-Situation geben wird, wenn ich erst mal Kanzler bin. Dann bin ich weg von der Straße und liege niemanden mehr auf der Tasche.

Aber damit können Sie die Konkurrenten doch nicht ausstechen?

Doch, doch. Sehen Sie, Peer Steinbrück ist schon auf dem richtigen Weg, das kann man als Satiriker kaum überbieten. Ich gehe davon aus, dass die SPD eine Woche vor der Wahl eine Mitgliederbefragungmachen wird. Dabei stellt sich heraus, dass niemand den Steinbrück mag. Also wird die SPD eine Wahlempfehlung für mich abgebenund zu kommt es zum überraschenden Wahlsieg. Überigens, das können Sie alles in meinem Buch nachlesen.

Was macht Sie so sicher?

Die Mathematik und meine beiden polnischen Billigberater. Als ich vor 22 Jahren in Heilbronn kandidiert haben, bin ich auf 0,2% gekommen, letztes Jahr schon auf 1,8 Prozent. Das ist eine achthundertfache Steigerung. Die Gesetze der Mathematik besagen eindeutig: spätestens nach 1,5 Wahlen habe ich die absolute Mehrheit. Da kann ich ganz emotionslos sagen: Ich bin der zukünftige Kanzler

Verraten Sie uns die Namen der zukünftigen Minister?

Ja, kann ich, werde ich aber nicht. Es gibt ein Schattenkabinett und bei der Zusammensetzung habe ich mich von der CSU beraten lassen. Doch ich gehe einen Schritt weiter. Statt Vetterwirtschaft wird es bei mir SChwestern- und Brüderwirtschaft geben.

Können Sie auch Eckpunkte ihrer Politik nennen?

Das kann ich. Wer nichts tut, der macht auch keine Fehler. Also werde ich der erste Kanzler sein, der durch Untätigkeit seine Wiederwahl sichern wird.

Laden Sie uns zur Wahlparty ein?

Ich weiß noch nicht, bei welchem meiner Sponsoren ich den Wahlsieg auf dessen Kosten feiern werde. Vielleicht mit Carsten Maschmeyer auf Mallorca oder mit Uli Hoeneß in München. Aber eins ist klar,Sie kommen nicht rein.

Ich danke Ihnen für das Gespräch.


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