Mittwoch, 16. Januar 2013

Trittin: Endlich deutsche Beiträge auf den Märkten der Zukunft

Endlich deutsche Beiträge auf die Märkte der Zukunft bringen

Mein Interview mit Jürgen Trittin. Der  macht sich Sorgen um die Zukunft der deutschen Wirtschaft, ist aber ansonsten ein aufmerksamer Gesprächspartner, der auch zuhört. Geführt im September 2011 in Osterode.


Jürgen Trittin zählt auf. Foto: Kügler
Herr Trittin, derzeit sind Sie auf Werbetour für den "New Green Deal". Was sind die Eckpunkte des Programms?


Es geht um drei Eckpunkte: Bildung, ökologische Erneuerung und mehr Wettbewerbsfähgikeit in Zukunftsbranchen. Trotz aller derzeitger Erfolge werden wir in Deutschland Probleme in den wirtschaftlichen Kernbereichen bekommen. Der Grund ist die Abhängigkeit von Automobil und von der Chemie. In der jetzigen Verfassung sind das keine zukunftsfähigenIndustrien. Auf der anderen Seiten haben wir Nachholbedarf auf den Zukunftsmärkten wie der ökologischen Erneuerung.

Ist denn Deutschland nicht Weltmarktführer in Sachen Windenergie?


Das stimmt. Aber in einigen Zukunftsfrage gibt es noch ungenügende Antworten, wie zum Beispiel in Verkehrsfragen. In anderen Ländern ist die Politik schon weiter bei der Regelung das Verkehrs in den Innenbereichen der großen Städte und der Ballungsräume. Wenn Sei nach Frankreich oder Japan, dann werden Sie feststellen, dass diese Länder in Sachen E-Mobilität viel weiter sind.
Weiterhin geht es nicht nur um die Art und Weise der Energieerzeugung. So sind Speichertechnologien die Märkte von morgen. Dazu gibt es noch keinen deutschen Beitrag. Hier müssen wir die Forschung verstärken.

In Kategorien der Effizienz gedacht: Was kostet das? Was bringt der “New Green Deal”?

Das Thema stand schon im letzten Bundestagswahlkampf auf der Tagesordnung und die Zahlen bleiben die gleichen. Wir gehen von einer Million neuer Arbeitsplätze aus. Diesen Jobs stehen Kosten in Höhe von 500 Millionen Euro gegenüber.

Auf der einen Seite Schulden abbauen, auf der anderen Seite neue Förderprogramm auflegen. Wie passt das zusammen?

Wir schaffen dies durch eine Umfinanzierung und mit Geldern, die wir an anderen Stelle einsparen, zum Beispiel durch die Änderung der Dienstwagenprivilegien. Allein wenn wir die Steuervorteile an ökologische Kriterien knüpfen, dann steht hier ein Einsparungspotential von 3,5 Milliarden zur Verfügung.
Das scheint mir aber sehr optimisitsch gerechnet. Die Universität Köln kommt in dieser Frage doch nur auf 900 Millionen.

Vielleicht haben die Damen und Herren andere Berechnungsgrundlagen. Aber sehen, selbst auf der Basis dieser Zahlen bleiben unter dem Strich 400 Millionen Euro übrig.

Fällt dann noch ein wenig Geld für klamme Kommunen ab?

Die Kommunen müssen wirtschaftlich selbstständig werden. Ein ersterSchritt wäre es, den Kommunen keine neuen Aufgaben aufzubürden, ohne einen finanziellen Ausgleich zuliefern. Dieses Konnexitätsprinzip ist eigentlich im Grundgesetz verankert. Zur wirtschaftlichen Selbstständigkeit gehört auch die Verstetigung der Einnahmen durch eine Umstellung der Gewerbesteuer. Wir Grünen fordern seit 10 Jahren, dass auch die Freiberufler Gewerbesteuer zahlen sollen. Dann könnten auf der anderen Seite die Hebesätze gesenkt werden. Dies wäre auch ein Beitrag zu mehr Steuergerechtigkeit, weil die Lasten auf mehr Schultern verteilt werden.

Laufen Ihnen dann nicht die Rechtsanwälte und Ärzte als Wähler und Mitglieder weg?

Nein, das tun sie nicht. Gerade in diesen Gruppen haben wir erheblichen Zuspruch. Weil die Gewerbesteuer in Zukunft mit der Einkommenssteuer verrechnet wird, bleibt die Belastung des einzelnen Steuerzahlers in der Summe die gleiche. Das Mehr an Gewerbesteuer kommt aber direkt den Kommunen zu Gute.

Ökologische Erneuerung heißt auch neue Energieformen.Wieviel Mais ist in ihrem Biogas?

Wir werden um Biogas nicht herumkommen. Aber mit der Fruchtfolge werden wir Monokulturen und den flächendeckenden Einsatzvon Pestiziden vermeiden. Konkret heißt dies, dass auf 45% der Anbaufläche im Folgejahr etwas anderes stehen muss als Mais. Damit reduziert sich der Mais-Anteil auf gut die Hälfte und Zuckerrüben sind auch eine Möglichkeit, Biogas zu erzeugen. Zudem müssen wir die Einspeisung des Gas vergüten und nicht dessen Verstormung. DiWeiterhin wird die Wärme-Kraft-Kopplung verbindlich sein. All dies sind keine grünen Träumen, sondern eine EU-Verordnung, die sowieso auf uns zukommt.

Wie wollen Sie die Widerständegegen Windkraftanglagen überwinden? Ich denke da zum Beispiel an Gieboldehausen.

Wenn man wie Vattenfall mit einem Großprojekt in eine Region einfällt, dann weckt man den Widerstand der Bevölkerung. Es ist eine Erfahrung, dass die frühzeitige Einbindung der Bürger anderersteits eine hohe Akzeptanz erzeugt. So ist auch im onshore-Bereich noch einiges möglich.

Herr Trittin, ich danke für das Gespräch.



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